08.07.2021 – 15.08.2021

Shotgun Wedding

Der Begriff „Shotgun Wedding“ steht eigentlich für eine erzwungene Hochzeit und wird umgangssprachlich auch für das Zusammenbringen zweier ungleicher Komponenten verwendet. Ein Ausdruck für unfreiwillige oder unpassende Paarungen oder Zusammenschlüsse wie Wikipedia sagt. Und insofern eigentlich ein unpassender Titel für die Ausstellung zweier junger Maler, die sich ganz freiwillig zusammengetan haben, um ihre Bilder gemeinsam auszustellen und miteinander in Dialog zu setzen. Unpassend auch, wäre da nicht der Humor und Wortwitz den Beck und Glinkowski miteinander teilen und hier als bindendes Glied nutzen. Das Titelbild zur Ausstellung greift die Idee auf, indem die Künstliche Intelligenz Becks Bild auf Glinkowskis überträgt und so eine neue Einheit aus zwei Bildern erstellt.

Lukas Glinkowski

Malerei zwischen Pop- und Subkultur

Lukas Glinkowski komponiert im Atelier Eindrücke und Begegnungen des alltäglichen Lebens malerisch neu. So entsteht ein visuelles Mash-up: Zitate aus der Kunstgeschichte, Comics, Figuren finden sich auf ungewöhnlichen Bildträgern wie Raufaser, Fliesen oder Spiegeln wieder. Glinkowski schafft Raum für ein Spiel mit Seh- und Denkgewohnheiten. Jeder Sinnzusammenhang darf von den Betrachtenden selbst konfiguriert werden. Dabei bleibt es nicht beim Schauen – oftmals werden Besucher*innen in den Prozess des Malens miteinbezogen und entdecken die eigene, scheinbar bekannte Welt neu. Erklären will Glinkowskis Malerei nicht, vielmehr zahlreiche Fragen aufwerfen.

Lukas Glinkowski reflektiert öffentliche Räume als Abbild unserer Gesellschaft. Auf seinen Spaziergängen durch Städte sucht Lukas Glinkowski nach Spuren, welche die Gesellschaft in Form von Graffitis, Abnutzung oder mutwilliger Zerstörung hinterlässt. Weniger von Interesse sind für ihn professionelle, künstlerische Graffitis wie beispielsweise an der Berliner Mauer. Vielmehr interessieren ihn Interventionen von Berliner Nachtschwärmern, Touristen, die sich irgendwie ausdrücken oder „verewigen“ wollen, ohne es wirklich zu können. Für den Künstler sind diese Räume ebenso ein Abbild unserer Gesellschaft wie bewusst geschaffene Repräsentations-Architektur. Was den Landschaftsmalern der Romantik die Natur war, Sujet also, das ist der Stadtraum für Glinkowskis Malerei.

LUKAS GLINKOWSKI (*1984); Zahlreiche Stipendien, Preise und Ausstellungen, zuletzt in den Museen Bonn, Chemnitz, Wiesbaden, den Deichtorhallen in Hamburg und aktuell im Berghain in Berlin.

Arno Beck

 

In seinen Malereien, Zeichnungen und Druckgrafiken beschäftigt Arno Beck sich mit Formen der digitalen Darstellung und der analogen Überführung dieser Bildwelten in den physischen Raum. Ausgehend von einer klassisch malerischen Haltung, die sich im Laufe der Zeit immer stärker zu einer konzeptuellen Auffassung einer postdigitalen Malerei weiterentwickelt hat. Beck bedient sich hierbei der Gesetzmäßigkeiten einer malerischen Bildsprache, die sich jedoch nicht zwangsweise auch in klassisch malerischen Ausdrucksformen manifestiert.

 

Seinen Bildern liegt eine überwiegend computergenerierte Bildgenese zugrunde. Im Laufe der Zeit hat der Künstler unterschiedliche analoge Übersetzungsmechanismen entwickelt, die diese digitalen Bildwelten überführen bzw. aus der Bildschirmdarstellung herauslösen und im physischen Raum manifestieren.

Ziel dieses Transformationsprozesses ist es der Flüchtigkeit von digitalen Eindrücken eine analoge Darstellungsform entgegenzusetzen, die physisch erfahrbar wird.

 

Da Arno Beck den Computer quasi als verlängerten Arm begreife, der als Hilfsmittel in nahezu alle Lebensbereiche eingreift, ist es für ihn naheliegend, die digitalen Möglichkeiten auch für die Bilderzeugung zu nutzen,. Somit versteht er in seiner Arbeit die Nutzung digitaler Technologie eher als eine Selbstverständlichkeit oder besser noch als Notwendigkeit und nicht als einen Sonderweg, der mit bisherigen Konventionen bricht. In diesem Kontext entwickelte sich aber auch ein Bedürfnis besagte Bildschirmdarstellungen im wahrsten Sinne des Wortes „in die Finger kriegen zu wollen“ und „greifbar“ zu machen. Für den Maler stellt sich somit die Aufgabe, eine Verbindung zwischen digitalem und physischem Raum zu schaffen.

 

Die Oberflächenstruktur und Haptik spielt bei der Materialisierung des digitalen Ursprungs eine entscheidende Rolle, da sich das, was auf dem Monitor zu sehen ist, zunächst jeglicher Form von Oberflächenwahrnehmung entzieht. Becks Bilder bewegen sich an der Schnittstelle virtueller Computerwelten und manueller, künstlerischer Ausdrucksformen. Das Zusammenspiel von Handgemachtem und Digitalem, versuche er in verschiedenen Medien umzusetzen und zu bearbeiten. analoge und digitale Darstellung durchdringen sich hierbei und seine Hand mischt sich gerade an dem Punkt ein, wo die Maschine ihren Kompetenzbereich für sich beansprucht. Durch die Handarbeit wird die Perfektion der Maschine untergraben und der augenscheinliche Fehler wird zum konzeptionell wichtigen Bestandteil, der den Herstellungsprozess offen legt. Hierbei interessiert ihn das Spannungsgefüge zwischen geplanter Ordnung und willkommenen Ausbrüchen aus einem statischen System. Arno Beck fasziniert das Verhältnis von digitalem zu konkretem Raum und die damit verbundene Möglichkeit eine unterkühlte Digitalität mit manuellen Eingriffen zu beleben und zu auratisieren.

 

Insgesamt versteht der in Bonn lebende Künstler seine künstlerische Arbeit als einen performativen, handwerklichen Prozess der Umsetzung von Bildgegenständen, die aus einer Sphäre der beschleunigten Bildrezeption stammen. Hierbei versucht er Darstellungstechniken und Motive miteinander zu verbinden, die eigentlich nicht zusammengehören. Durch diese Materialisierung und kontextuelle Verschiebung entsteht eine Atmosphäre der Gegensätzlichkeit, in der Flüchtigkeit und Kontemplation miteinander in Einklang gebracht werden.

Werkliste:

Werkliste Shotgun Wedding (pdf)

Ausstellungsansichten:

(Photos von Adam Naparty)

 

ARTIST
Lukas Glinkowski & Arno Beck

TYPE
Exhibition

OPENING
According to current Corona rules and regulations
08.07.2021 from 18:00 to 22:00

EXHIBITION
Duration: 08.07.2021 – 15.08.2021

VISITING
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